Verzweifelt läuft Lisbeth Casel durch Ehrang und ruft aufgeregt nach ihrer Tante Lieschen, die nach dem Fliegeralarm nicht nach Hause zurückgekehrt ist. “Die wird doch wohl nicht in einer Furche liegen, von Granatsplittern getroffen?”
Die bereits verstorbene Ehrangerin Lisbeth Casel hat den Zweiten Weltkrieg eindrucksvoll festgehalten. Ihre Tagebucheinträge seien mittlerweile zu einem festen Bestandteil des Ehranger Jahrbuchs geworden, erzählt der stellvertretende Vorsitzende des Vereins “Ehranger Heimat”, Herbert Plunien.
Zur Vorstellung des
achten Ehranger Jahrbuchs im kleinen Saal des Ehranger Bürgerhauses ist sogar
CDU-Bundestagskandidat Andreas Steier gekommen. “Das Buch hilft frisch
hergezogenen Bürgern, Zugang zu ihrer neuen Heimat zu bekommen”, erklärt
Herbert Plunien.
Auf fast 300 Seiten finden Interessierte Informationen zum aktuellen Ortsgeschehen,
zu historischen Denkmälern und zum Verein “Ehranger Heimat”. Auch persönliche
Erzählungen, Sagen, Gedichte und Lieder der Einwohner sind neben der
traditionellen Ehranger Mundart ein fester Bestandteil des Jahrbuchs. Bis jetzt
gibt es eine Auflage mit 600 Exemplaren des Jahrbuches. “Das ist etwa die
Hälfte der Exemplare, die der Verein früher verkaufen konnte”, bedauert Herbert
Plunien.
Der Vorläufer des Ehranger Jahrbuchs, die Ehranger Heimat, erschien vor 88
Jahren zum ersten Mal. Nach der Gründung des Vereins Ehranger Heimat übernahm
dieser 1974 die Herausgabe des Ehranger Jahrbuchs.
Der Verein hat sich das Ziel gesetzt, die Ehranger Geschichte zu erforschen und
für die Nachwelt festzuhalten. Wer wüsste sonst in Zukunft noch, wer an
Silvester 1932/1933 vor der Metzgerei Adams bei einer bewaffneten
Auseinandersetzung zu Tode gekommen ist?
Es sei außerdem wichtig, das aktuelle Geschehen zu dokumentieren, denn “was heute aktuell ist, ist in ein paar Jahren auch Historie”, erklärt der Schriftleiter des Jahrbuchs, Günther Merzkirch. So schildert Dr. Joachim Hölle-Gindorf zum Beispiel auf mehreren Seiten, wie die Ehranger seit 2015 ungefähr 180 Flüchtlinge aus aller Welt willkommen geheißen haben.
Doch was ist eigentlich aus Tante Lieschen geworden? Neugierige Leser finden die Antwort zum Beispiel auf dem Ehranger Markt nachmittags vor der Fahrschule Gromzick, wo der Verein das Buch zu einem Preis von 6 Euro verkauft.
Quelle: Volksfreund